Der Mai ist grün und das Maiengrün ist das strahlendste Gewand der Bäume. Ist das Herz schwer und mag das Herz sich nicht öffnen, dann verändert sich dies bei einem Spaziergang durch den Maienwald. Das leuchtende Grün ist sanft und lockt doch mit klarer Stimme, das Herz zu öffnen. „Juchu Leben, hier bin ich“ singt es um uns voller Lust und Freude und wir sind eingeladen in diesen Gesang mit einzustimmen. Und dieses Einstimmen in den Gesang ist gleichsam ein Dankeslied für die Schönheit Mutter Erdes.
Den ersten zarten Tönen dieses grünen Gesangs der Mutter Erde habe ich in den vergangenen drei Wochen in Schottland gelauscht – und diese Erfahrung möchte ich mit euch teilen:
Weiche, weite Moosteppiche lassen meine Wander-Schritte zögerlich werden. Darf ich diesen wunderschönen Teppich mit meinen groben Schuhen betreten? Auch wenn der Wanderweg sich in einen Moosweg wandelt? Ich halte inne, nehme Verbindung auf und lege mich aufs Moos. So weich bin ich gebettet und mein Körper füllt sich mit Wärme, Erdwärme. Ein zartes weiches Pulsieren durchströmt meinen Körper und ich lausche Mutter Erde, ihrem tiefen Erdenton. Vielen Tieren schenkt sie mit ihrer grünen Liebe ein wohliges Bett, geborgenes Sein auf und unter dem Moos – so auch mir. Über mir erblicke ich das zartgrüne Gewand der jungen Birken, die sich mit der Windin anmutig wiegen, ihren Frühlingstanz beginnen und mit diesem ihrem Tanz mich einladen nach dem Winter mich zu bewegen, meinen Rhythmus zu finden, meinen wiedererwachenden Lebensimpuls zu tanzen.
Die junge Kraft in mir, die kindliche Freude am Entdecken all der grünen Seinsweisen ist geweckt. Meine Sinne sind weit und ich bin nicht allein: Viele grüne Wesen sind um mich und ich lasse mich nun von ihnen führen auf dem Weg ins Grüne Reich. Lärchen, Buchen – hochgewachsen –, Weiden, Weißdorn und weitere mehr beginnen mit ihren hellen Blättern lichtdurchflutete Räume unterschiedlichster Art zu bilden. Schutzraum, Traumraum, Klangraum, …raum. In manchen Räumen geht es tief hinab und ich fühle mich schläfrig, in anderen fühle ich mich in die Luft getragen und voll lichter Klarheit. Ich betrete einen Raum der Baum-Alten: Flechten, Verästelungen, sprossende Blätter, eine Symphonie in Grün lässt mein Herz anschwellen voll Freude und Glück.

Ein Klangzauber, den mein Geist nicht fassen kann. Ich gebe mich hin, atme, atme ein und aus, atme ein und aus und lasse mich erfüllen vom Grün der Mutter Erde, dem Geschenk der Liebe. So vielfältig das Grün, so vielfältig ihre Seinsweisen, so vielfältig die Liebe im Vielgesang des Lebens. Dankbarkeit erfüllt mich, Dankbarkeit, eine Tochter der Erde zu sein, Dankbarkeit, Liebe zu empfangen und Liebe zu schenken, Dankbarkeit, ein Klang der grünen Symphonie, dem Vielgesang der Erde zu sein. Doch weiter geht mein Weg und führt mich raus aus den Waldräumen in den Wiesenraum und dort gesellt sich zum Grün das Gelb. Gelbe Ginsterblüten leuchten gleich der Frühlingssonne warm und hell. Die Blüten verströmen einen süßen und leicht herben Duft. Der Duft entzündet das Feuer in mir, das Feuer meiner Wildheit, meiner Sinnlichkeit und Lebenslust. Die Sonnenkraft verbindet sich mit dem Herzensgrün und gemeinsam erwecken sie den Impuls in mir, den Tanz meiner Schöpferinnenkraft, der wilden Frau in mir, zu tanzen. Ich singe und tanze, tanze mein Lebenslied, wild und frei. Reich beschenkt bin ich, aufgefüllt mit purer Lebenskraft. So verabschiede ich mich in tiefer Dankbarkeit von den grünen Wesen und ihrem Geleit durch ihr Reich.
Ein Teil meiner Dankbarkeit findet Ausdruck im Backen grüner Scones. Scones gehören zu Schottland und oft habe ich diese nachmittags zum Tee genossen. Scones sind mir auf meiner Reise in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen begegnet: Klassisch natürlich eher süß, doch es gibt auch leckere rezente Varianten mit Käse. So möge mein Vorschlag eure Inspiration zu neuen Scones-Kreationen wecken.
Merliana