Die Schleier lichten sich – eine Begegnung mit den Ahnen im Wald

Farbige Rindenstrucktur

Der Herbstwald vermag uns nicht nur mit der Farbenpracht der Blätter zu verzaubern. In dieser Zeit, Anfang November, beginnen sich die Schleier zur Anderswelt zu lichten und der Wald, insbesondere die vielfältigen Wesen des Erdreichs, unterstützen uns, unsere Sinne für die Anderswelt zu weiten. So verlasst einmal die gewohnten Pfade, die Waldwege, und tretet ein in den Wald mit einer Frage, einem Anliegen. Habt ihr einen Wunsch an die Ahnen? Oder habt ihr Anliegen, wo ihr euch Unterstützung wünscht?
Und übergebt euch nun der Führung des Waldes und öffnet eure Sinne. Eure Schritte sind nun langsam und eure Sinne geöffnet.

  • Welche Gerüche nehmt ihr wahr?
  • Was entdeckt ihr auf dem Waldboden?
  • Welches Muster wirft das Licht auf Stämme und das Erdreich?
  • Welche Farben und Formen entdeckt ihr?
  • Hört ihr das Gluckern eines Baches? Den Gesang eines Vogels?
  • Seht ihr Tierspuren?
  • Spürt und hört ihr den Windklang in den Blättern und wie er über euer Gesicht streicht, vielleicht auch eure Haare zaust?

Ihr spürt, wie ihr euch langsam einstimmt, eure Sinne immer feiner werden: ihr vielleicht Pilze entdeckt, die ihr zuerst gar nicht wahrgenommen habt, Wesen in Wurzeln schaut, grünprächtige Moose euch einladen zum Verweilen und sie mit euren Händen erspüren, Zweige Zeichen und Muster bilden, Vogelfedern euch den Weg weisen, ihr ein Wispern der Zweige hört und vieles mehr.

Vertraut dem Wald und euren Ahnen. Sie wissen, über welche Sinne ihr ihre Botschaft versteht, wie sie am besten mit euch kommunizieren können. Sie werden euch mitteilen, ob ihr im Gehen bleibt oder ob ihr euch an einer Stelle niederlasst.

Wenn ihr eure Botschaft empfangen und vielleicht auch ein Geschenk erhalten habt, bedankt euch mit einem Lied oder auf eine andere Weise. Atmet tief ein und aus und blickt in euer Inneres. Hat sich eure Stimmung verändert? Welches Gefühl ist in euch nun stark?

Inspiration zum R-ahnen-Risotto

schwarze Pilse im Herbstlaub

Auf einem solchen Waldspaziergang, den ich unternahm, um mich von den Ahnen und den Waldwesen für ein ehrendes Essen inspirieren zu lassen, haben sie mich an eine Stelle mit Totentrompeten geführt. Die Totentrompeten, auch Herbsttrompeten, gehören zu den inzwischen selten gewordenen und überaus köstlichen Würz-Pilzen. So habe ich ein wenig von der Totentrompete in das Rahnen-Risotto mit hineingegeben – doch ihr könnt es durch Steinpilzpulver ersetzen oder einfach weglassen. Die badische Bezeichnung der Roten Bete lautet Rahnen und die Verbindung zur Ahnenkraft ist in diesem Begriff auf wunderschöne Weise enthalten. Risotto-Reis, Rahnen, Zwiebeln, Butter und Gemüsebrühe sind die Basiszutaten, alle weiteren sind mein individueller Verbindungsweg zu den Ahnen. Denn mit den Ahnen Verbindung aufzunehmen, sie kulinarisch zu ehren, ist ein individueller Weg. Individuell sind die Lieblingsgewürze, Käse etc. eurer Ahnen. Setzt euch vor dem Kochen mit eine Tasse Tee aufs Sofa und nehmt Verbindung auf zu einer oder mehreren Ahnen. Es kommt euch bestimmt Verschiedenes in den Sinn, mit dem ihr nun euer Risotto würzen könnt – vom Quittengelee über den Korn, vom Kaffee zum Lavendel. Und wenn ihr nun die Stirn runzelt, den Mund kräuselt und denkt „das passt doch überhaupt nicht zusammen“, wisst ihr, ihr nehmt nur eine Essenz davon, wirklich seh,r sehr wenig. Es geht um die Absicht, die innere Verbindung. Und im Rühren des Risottos webt ihr all das hinein: Erinnerungen, Bilder, Gefühle. Und, ja klar, ihr könnt auch beim Kochen, wie beim Waldspaziergang, eine Frage, eine Bitte an die Ahnen richten. Und ich wünsche euch, dass ihr ihre unterstützende weise Botschaft gleich mit hineinkochen könnt und somit euch diese beim genussvollen Essen nährend einverleibt. Und möge die Kraft der Ahnen, ihr liebevolles Geleit, mit auf euren Wegen sein.

Bilder und Texte: Merliana

Abgestorbener Baum mit Eveu bewachsen. Wirkt wie ein Geist

Ahnen der Vorgeschichte

Längst wissen wir, dass alte Traumata unserer Ahninnen über Generationen weitergetragen werden. Oft ist es schwer, diese Themen zu berühren – für uns Frauen sind sie nicht selten mit Schmerz, Gewalt, Verfolgung und Unterdrückung verbunden. Doch in unseren Zellen ruhen auch andere Erinnerungen: die Spuren einer ungebrochenen Kraft, die uns trägt und anbindet.

Wenn wir tief in unsere Frauengeschichte zurückgehen, finden wir über einen unermesslich langen Zeitraum von rund 30.000 Jahren Menschheitsgeschichte vor allem eines: einzig weibliche Statuetten und weitere archäologische Funde, Höhlenmalereien und Gräber, die weltweit von einer kraftvollen Vergangenheit zeugen. Vor 40.000 bis etwa 6.000 Jahren war das Patriarchat noch nicht erfunden. Auf unserer Erde lebten egalitäre Gemeinschaften, in denen Frauen als Schöpferinnen, Künstlerinnen, Sammlerinnen, Jägerinnen, Töpferinnen, Händlerinnen, Kriegerinnen und Weisheitsträgerinnen geehrt wurden. Sie waren Mütter, die Leben hervorbrachten, nährten und gestalteten, und sie standen mit ihren Kindern im Mittelpunkt der sozialen Gemeinschaften.

Sich mit dieser uralten Frauenkraft zu verbinden, ist zutiefst heilend und stärkend. Wir betreten damit andere Welten – Zeiten, in denen die Menschheit mit Mutter Erde im Einklang lebte und die Natur als beseelt wahrgenommen wurde. Ein Leben im Einklang mit Tieren und Pflanzen, mit Bergen und Tälern, mit den Zyklen der Sonne und der Mondin.

Jetzt, zu Samhain, wenn die Schleier dünn werden, können wir diese Ahninnen im Schein einer Kerze zu uns rufen. Wir dürfen uns fragen: Was in meinem Leben nährt mich wirklich? Welche Dinge, Begegnungen, Aktivitäten darf ich loslassen, damit die wilde, weise Seele – die starke Frauenkraft in meinen Zellen – wieder frei atmen und leben kann?

Nehmen wir uns die Zeit, in die Vergangenheit zu reisen. Denn dort liegt ein Wissen, das wir heute dringend brauchen: die tiefe Wertschätzung des Weiblichen, das Geborgensein in Gemeinschaften, und die Wahrnehmung einer beseelten Welt, die von Liebe und Achtsamkeit getragen ist.

Bridget

Hier zu kannst du unsere HERstory lesen.

Und noch eine Buchempfehlung
Sach-Comic von Ulli Lust, ausgezeichnet mit dem Deutschen Sachbuchpreis:
„Die Frau als Mensch: Am Anfang der Geschichte“, Verlag Reprodukt

Ein Blick im Dunkeln über einen See

Morgaine und Morrigu

Die mythische keltische Gestalt der Morgaine oder Morrigu steht in ihrer nebelgleichen, schwebenden, verschwindenden – und dann aus der Unsichtbarkeit wieder auftauchenden – Erscheinung für spätherbstliche Zauberwesen, wie sie uns in der Samhainzeit manchmal umgarnen. Morgaine bezaubert durch ihre feenschöne, verführerische Gestalt und blendet dabei gerne den Verstand. Dieser ambivalente Aspekt drückt sich in ihrem anderen Namen Morrigu aus. Denn ihre unwirkliche Schönheit kann unversehens auch zur Gefährdung und zum Trugbild werden. Welcher ganz vernünftige Mensch lässt sich nicht gerne einnehmen, „verführen“, wenn ihr oder ihm unerwartet eine vollendete Verkörperung der höchsten Ideale leibhaftig entgegentritt? Oder wenn uns eilfertig für eine ausweglose Zwickmühle die ganz einfache Lösung vorgegaukelt wird? Und wer kennt nicht das bestätigende und selbsterhöhende Gefühl, auf der Seite der scheinbar „Guten“ und „Richtigen“ zu stehen?

In der keltischen Sage lockt die feenschöne Morgaine den Weisen und Zauberer Merlin in ihr magisches Traumschloss. In seiner Begeisterung für das anmutige Wesen verliert Merlin rasch seine Orientierung, seinen Verstand. Er irrt ihr nach und währenddessen versiegelt eine dynamisch wuchernde Brombeerhecke das Zauberschloss. Seine Weisheit kommt dem weisen Merlin abhanden, sie hat sich unbemerkt in Nichts aufgelöst. Er verirrt sich hilflos in Morgaines Traumwelt im Schloss und die Geschichte geht schlecht aus für ihn: Er wird zum Gespött der Leute und endet schließlich erbärmlich in den unsichtbaren Ketten der Morrigu.

Die keltische Sage will uns an unsere Empfänglichkeit für Illusionen, Selbsttäuschungen und Selbstgerechtigkeit erinnern, und an unsere Verführbarkeit durch das scheinbar Einfache und Ideale, durch das trügerisch „Gute“. Sie öffnet uns die Augen dafür, dass nichts nur so ist, wie es scheint, und dass alles auch eine Rückseite hat. Diese Facette der Wirklichkeit zeigt sich uns in der Symbolsprache der keltischen Welt auch dadurch, dass Morrigu nur eine Vorderseite hat, sie also eigentlich nur eine Fassade ist, und ihre Rückseite ist hohl, schwarz und hässlich.

Novembernebel locken hinein in eine Vieldeutigkeit, laden uns ein, uns darin bewegen zu lernen, unsicher zu sein, und dabei Mehrdeutigkeit und Unbestimmtes zu erkennen und aushalten – obwohl wir vieles gerne klar und eindeutig hätten…

Avesta

Blick in Herbstlaub einer Linde

Gartengewisper zum Samhain-Ritual

Ich bin hier die Linde und schütze mit meinen Zweigen das Haus und alles andere Lebendige in der Nähe. In meinen Zweigen wohnte in diesem Jahr ein Amselpärchen und von Zeit zu Zeit schlafen ein paar Fledermäuse über Tage in meinen Rindenspalten. In diesem Jahr zähle ich meinen 364sten Sonnenlauf und möchte euch etwas erzählen, was mich sehr beeindruckt hat.

Wie immer um diese Jahreszeit zog ich mit meinen kräftigen Wurzeln den Saft und alles Wichtige aus meinen Blättern und Zweigen, um mich auf die kalte Zeit vorzubereiten. Meine Herzblätter huldigten ein letztes Mal der Sonne in goldgelben Farben und viele verabschiedeten sich schon und sanken zu Boden. Die Nächte dehnten sich wie gewohnt aus und eine leichte und zarte Stimmung verbreitete sich.

An dem Tag im Herbst, der sich stets so besonders anfühlt, trafen sich in der Abenddämmerung einige Menschenfrauen in meinem Garten und erschufen eine lebendige Energiekuppel um sich herum. Das hatte ich schon ein paar Mal mitbekommen, doch diesmal wurde es noch magischer. Sie riefen zwar wie immer die Kräfte der Elemente und von Göttinnen an, sangen und sprachen über die aktuelle Jahreszeit. Auch die kleinen Energiewesen des Hauses und des Gartens interessierten sich, kamen hinzu und belebten die Energiekuppel. Die Katze saß in einigem Abstand und die Krähen auf dem Hausdach schauten leise zu.

Doch dann riefen die Frauen ihre Ahnen an und ich sah, dass sich zarte Schleier hinter jeder Frau öffneten und leuchtende Wesen heraustraten. Einige kannte ich schon, denn sie lebten vor ihrem Tod als Menschen hier im Haus. Doch andere hatten den Duft von fernen Welten an sich und brachten völlig neue Energien mit, die ich noch nie gespürt hatte. Alle diese Wesen waren voller Zuneigung und Liebe für die Menschenfrauen und auch mit deren Energiemantel verbunden. Sie waren hinter und neben den Frauen, bereicherten die Energiekuppel und die Frauen selbst wurden auch bereichert durch „ihre“ Unterstützer-Wesen. Was für ein zauberhaftes und wunderschönes Wechselspiel von Energiefarben zwischen den Menschenfrauen und den Energiewesen! Ein Tanzen und zartes Wirbeln, das die Frauen ganz leicht machte und stärkte. Jede von ihnen dankte den Wesen für ihre Unterstützung und stellte ein kleines Tablett voller köstlicher Speisen und Getränke hinter sich, an denen sich „ihre“ Wesen laben und stärken konnten. Das war eine Freude auf allen Ebenen!

Dieses wundervolle Geschehen lockte noch weitere Gartenwesen heran, die sonst weniger mit den Menschen zu tun haben wollten. Da waren die zögerlichen Zwerge, die uralten Elfen, die windigen Sylphen und auch der Kiefern-Geist von gegenüber. Sie bewahrten etwas Abstand, wiegten sich im Rhythmus des Tanzes und schauten dem Treiben wohlwollend zu. Mir prickelte es in meinen Adern!

Jetzt kam ein Teil, bei dem die Frauen meine Herzblätter, die sie vorher in kleinen Haufen vor sich gesammelt hatten, mit Liebesenergie aufluden. Nicht, dass ich nicht schon viel Herzensenergie in sie hineingesteckt hätte, aber sie taten das ihre und das der Helferwesen noch hinzu. Und dann warfen sie in einer gleichzeitigen Bewegung und mit großem Schwung die Blätter in die Luft und sandten die Liebesenergie hinaus in ihre Welt, damit sie die Menschheit friedlicher machen sollte. Ich sah einen kraftvollen Strahl nach oben und in die Welt strömen und dachte noch „das scheint zu funktionieren“.

Text und Bilder: AnaNut

Herbstlaub
Kräuterstrauß vor Kerze

Magisches Wirken zu Lammas – Lugnasad – Kräuterweihe

Bild: Bridget

Jetzt ist die Zeit, heilsame Kräuter für unseren Jahresbedarf zu ernten, denn jetzt sind sie prallvoll mit ihren heilsamen Inhaltsstoffen. Sie haben die Sonne gespeichert, sich im Wind gewiegt und den Regensegen in sich aufgenommen. Sprich mit den Pflanzen, wenn du Blüten oder Blätter mit deinem Bolline, deinem Arbeitsmesser, erntest, um die Pflanzendevas und Mutter Erde zu ehren. Denn Ernten ist auch abschneiden, beenden, töten, damit du selbst leben kannst – so funktioniert Lebendigsein, alles ist im Fluss. Beachte ganz praktisch dabei, einen geeigneten Ernteplatz zu finden: nicht im Naturschutzgebiet, an Straßenrändern oder am Bahndamm, sondern in oder an Wiesen und Orten, die nicht gedüngt wurden. Nimm auch nur so viel, wie du wirklich für deinen Jahresbedarf benötigst, nimm nur oberirdische Teile der Pflanze, damit sie weiterleben kann, und schau, dass immer Pflanzen einer Art stehen bleiben, damit du auch in zukünftigen Jahren den Erntesegen genießen kannst. Die beste Erntezeit ist am Vormittag, wenn der Tag trocken ist. Zum Trocknen deiner Heilkräuter kannst du sie auf unbedrucktes Papier an einem luftigen Ort ohne direkte Sonneneinstrahlung auslegen und wendest sie nach ein paar Tagen immer mal wieder. Auch mit Fliegengitter bespannte Rahmen sind dafür sehr geeignet. Selbstverständlich kannst du die Kräuter auch in Form von aufgehängten Büscheln trocknen.

Kräuterstrauß

Für einen magischen Kräuterbuschen gehst du ganz bewusst auf die Suche: Er kann 7, 9, 13, 21, 33 oder eine andere bedeutsame Anzahl von verschiedenen Kräutern enthalten: beispielweise Beifuß, Dost, Eisenkraut, Frauenmantel, Johanniskraut, Königskerze, Malve, Quendel, Schachtelhalm, Schafgarbe, Taubnessel oder andere für dich bedeutsame Kräuter. Wenn du die Kräuter beisammen hast, dann lege dir ein Band in einer dir wichtigen Farbe dazu und bereite dich für ein magisches Wirken vor. Nimm dir eine Auszeit und sorge dafür, dass du nicht gestört wirst. Kleide und schmücke dich schön mit Dingen, die für dich besondere Bedeutung haben. Entzünde eine Kerze oder ein Feuer – je nachdem, was dir möglich ist, alles ist gleich gut – um den Segen der Sonne zu ehren. Gedenke der Kräfte der Elemente oder singe sie herbei und visualisiere einen schützenden Kreis um dich und deinen magischen Raum herum. Du kannst ihn auch drei Mal im Uhrzeigersinn abgehen, um ihn zu manifestieren. Nun setze dich entspannt und ruhig vor deine Flamme, finde Ruhe und lass deine Gedanken dahin gehen, was sich in deinem Leben überlebt hat und was du endgültig abschneiden willst. Lass dein Jahr an dir vorüberziehen und finde, wofür du dankbar bist, was du behalten und was du verabschieden möchtest. Wenn du das ganz klar vor Augen hast und in Worte formulieren kannst, dann öffne die Augen und mach den ersten Schritt, nämlich das Abschneiden. Stelle dich gut und fest auf Mutter Erde hin, visualisiere das vor dir, was du abschneiden willst, benenne es laut, danke für sein Dasein, verabschiede dich davon und mache eine schneidende Bewegung mit deinem aktiven Arm, wie mit einer schneidenden Sichel. Atme dabei kräftig aus und spüre eine Weile nach, wie es sich anfühlt, es abgeschnitten zu haben. Es ist nun in Mutter Erde und darf sich wandeln. Wenn du so weit bist, dann setze dich in Ruhe hin, vielleicht magst du dazu summen, und gedenke der Dinge, die du in deinem Leben liebevoll behalten willst. Nimm dabei die Kräuter und lege sie nach und nach zu einem schönen Kräuterbündel zusammen. Wenn du an alles gedacht hast, was du behalten willst und es in deinen Kräuterbuschen hineingebunden hast, so winde dein Band um den Strauß, um ihn zu befestigen. Halte ihn an dein Herz, nimm Verbindung auf und lasse deine Dankbarkeit und Liebe in ihn hineinfließen. Danke Mutter Erde für ihre Gaben an dich. So ist das Wirken in Schönheit gewirkt, du verabschiedest die Elemente, löschst die Kerze oder das Feuer und öffnest den Kreis gegen den Uhrzeigersinn. Den Kräuterbuschen hängst du in deiner Wohnung an einen guten Ort und lässt ihn dort trocknen. In dunklen Zeiten kannst du Teile davon räuchern, um an die Dankbarkeit, die Fülle und an den Sonnenschein anzuknüpfen.

AnaNut

Lindenzweig mit Blühten und Blatt

Hochsommer – Zeit der Friedensgöttin

Bild: Bridget

Alle Wesen, auch Mutter Erde selbst, geben sich jetzt der Wärme und Hitze der Sommersonne hin, eine langsame und sachte Stille füllt die Welt. Jetzt reifen Früchte, Obst und Korn. Mutter Natur beschenkt in der Hoch-Zeit der Sonne alle ihre Kinder mit dieser aktiven, schwingenden Ruhe des Reifens. Das Reifen ist in jeder Hinsicht ein innerer Prozess, getragen von einer geheimnisvollen sorgsam-ruhigen Aktivität. Äußerlich ist davon wenig sichtbar.

Der Hochsommer mit dieser Qualität des lautlosen Entwickelns, Formens und Reifens ist die Voraussetzung dafür, dass die Fülle entstehen kann, die unsere Bedürfnisse stillt. Und die daraus erwachsende Zu“frieden“heit ist Voraussetzung für Frieden.

In der alten mütterlichen Ordnung herrschte im Hochsommer grundsätzlich der „Höhere Frieden“, der die Unverletzlichkeit allen Lebens garantierte. Jede Fehde oder gar Kriege, jede aggressive Handlung war im Hochsommer tabu. Daran mögen wir uns erinnern, wenn wir unzu“frieden“ sind: Warten und die Dinge reifen lassen…

Im Zeichen der Friedensgöttin versammelten sich die Menschen inmitten des Ortes unter der Linde, dem Friedensbaum. In diesem spirituellen Raum unter der Linde wachsen und reifen die Dinge. Beziehungen gedeihen, Vertrauen wächst –es sind die Grundlagen allen zukünftigen Wohlstandes, aller Zufriedenheit auf der Basis gestillter oder wenigstens besänftigter Bedürfnisse.

Avesta

unter einem Lindenbaum

Ein Erlebnis mit der Heilkraft der Linde

Bild: Bridget

Allein das Aussprechen „Linde“ erweckt in mir ein Gefühl von tiefem Frieden. Mit ihren herzförmigen Blättern ist die Linde eine der großen starken Bäume in unserer Landschaft. Sie strahlt Liebe und Heilung auf allen Ebenen aus.

In der warmen Sommersonne lehne ich an ihrem starken uralten Stamm, der unweit von einer kleinen Kapelle, einem Pilgerort im Elsaß steht. Mit ihr im Verbund stehen rund um diesen besonderen Platz einige sehr alte und auch junge Linden. Der Stamm von „meiner“ Linde ist so dick, dass ich sie alleine nicht umfassen kann und ihre ausladende Krone schenkt mir einen lichten angenehmen Schatten. 

Alles an der Linde ist heilsam, das spüre ich sehr deutlich und im Schutz von Uraltmutter Linde vertiefe und konzentriere ich die Gedanken auf mein Wirken zu meinem Übergangsritual zur Alten. In meiner Hand halte ich eine aufgeblühte rote Rose:  Ich löse ein Blatt nach dem anderen, lasse jedes Blatt unwiderruflich fallen – ich löse, ich lasse fallen, ich lasse los. Es ist mein erstes Übergangsritual zur Alten, kein Blut mehr, ein endgültiger Abschied von der fruchtbaren Phase und dem zyklischen Eingebundensein. Die Linde hört zu und tröstet mich, sanft bewegen sich ihre herzförmigen Blätter und raunen mir zu: „Bei mir bist du angenommen…“.  Zuversicht breitet sich in mir aus. Mein Rücken ist mit ihrer starken Energie durchflutet, die mich tief beruhigt. Ich fühle mich so nah bei ihr, in einem beschützten Raum liebevoll geborgen. Hier kann ich über mein Leben nachsinnen: Was habe ich erschaffen, ins Leben getanzt? Was war von Wert? Wo waren Hürden, wo falsche Wege? Was ist vergangen? Was darf leicht gehen? Was ist für immer verloren? Jeder Gedanke, jedes Loslassen ist ein Rosenblatt bis sie nach und nach alle um mich herum liegen, mein Abschied von der roten Zeit. Gehalten von Mutter Linde bleibe ich bei meinen Abschiedsgedanken, bin in Abschiedstrauer, betrachte die roten Blätter am Boden, atme … werde ruhig… Allmählich  breitet sich heilsame Stille in mir aus.

Aus dieser Stille heraus formt sich in mir eine Frage: „Mutter Linde, wo ist mein Weg, mein Platz im Reich der Alten?“ und Mutter Linde raunt: „Schau dich um! Sieh mich an!“

„Ja ich weiß, du bist alt und stark“, denke ich lächelnd und schaue an ihr hoch. – Doch plötzlich fällt mein Blick auf ihren uralten Stamm und dann auf den Boden rund um meinen Sitzplatz: Lauter junge Triebe, unzählige kleine grüne Äste mit zarten Blättern sprießen seitlich überall rund um meinen Sitzplatz aus dem Boden hervor. Wie konnte ich dies übersehen?

„Danke, danke, oh ja, du hast recht, es gibt noch vieles zu erschaffen, es ist nicht das Ende!“ Ich spüre, wie die Freude in mir Raum gewinnt, „Wir haben einige Jahre schon auf dem Buckel, doch überall ist auch neues Leben in dir und auch in mir!“ Gleichzeitig begreife ich, dass jedes der gefallenden Rosenblätter, die vor mir ausgebreitet auf dem Boden liegen, eine Erfahrung birgt, eine Weisheit, die mich hat reifen lassen, meine Lebensweisheiten liegen ausgebreitet vor mir.

„Liebe heilige Mutter Linde, danke für diese Erkenntnis, welch nährendes Weisheitsgeschenk von dir!“ Ich beginne zu summen, dann zu Singen, es ist ein Dankesgesang an Mutter Linde, ich stehe auf, umkreise sie, singe und danke für ihr Dasein.

Immer wenn ich an diesen magischen Moment zurückdenke, bin ich tief berührt und dankbar für ihre besänftigende Zuwendung, ihre Weisheit und das Angenommensein. Die natürliche Welt ist eine große Heilerin und es wundert mich nicht, dass hier an diesem besonderen heiligen Ort Linden stehen und viele Menschen noch heute hierher pilgern, um Trost und Heilung zu erbitten. 

Vielleicht gibt es in deiner Nähe auch eine Linde, die du besuchen kannst, um ihre liebevolle Ausstrahlung zu ergründen oder um „Linderung“ zu erfahren. Sie freut sich sicher auf dich.

Wissenswertes: Alles an der Linde ist heilsam

Die Linde ist ein Gemeinschaftsbaum, den wir oft auf Dorfplätzen finden. Unter ihrer sanften Atmosphäre wurde getanzt, gefeiert, sich ausgetauscht und zu früheren Zeiten das Recht, das „milde Urteil“ gesprochen. Ihre herzförmigen Blätter verkörpern Milde und Liebeskraft, die auf allen Ebenen lindert und unsere Herzen anspricht. Wenn wir etwas „gelinde gesagt“ ausdrücken, dann spricht unser Herz mit und dies geht besonders gut unter den großen alten Linden.

Im Frühling sind ihre zarten Blätter sehr schmackhaft für unseren Salat. Im Sommer sammeln wir die Blüten für Tee, der eine wunderbare Medizin bei Erkältung ist. Die Blütenblätter und die Rinde wirken fiebersenkend, entzündungshemmend und krampflösend. Die Lindenasche wirkt desinfizierend und wurde zum Zähneputzen verwendet. Unsere Vorfahren verwendeten den Bast der Linde, der sich direkt unter der Rinde befindet, um beispielsweise Seile und Bekleidung herzustellen.

Bridget

Blüten vom Johanniskraut

Heilsein

Bild: AnaNut

Heilsein das ist das Thema unseres neuen Newsletters. Dazu kann frau viel schreiben, Heilsein im Sinne von gesund sein, gesund werden, über Heilmethoden wie z.B. Homöopathie, Kräuterkunde, klassischer Medizin, chinesische Medizin usw.

Aber Heilsein ist ja mehr als gesund sein. Manche Menschen sind „heil“ aber nicht körperlich gesund. Manche körperlich gesunde Menschen sind nicht heil. Für mich ist Heilsein: „Ich bin wie ich bin, ich akzeptiere mich, ich fühle mich wohl mit mir.“ Und: „Ich kenne meine Grenzen, meine Unzulänglichkeiten, und ich arbeite immer wieder an mir. Dazu gehört: „Ich kümmere mich darum, mich ‘wohl zu befinden’“.

Heilsein setzt voraus, dass ich mich kenne. Dass ich mich mit mir auseinandergesetzt habe. Dass ich mich immer wieder mit mir auseinandersetze. Dass ich in die Spiegel schaue, die mir vorgehalten werden, und entscheide, was mit mir zu tun hat und was nicht.

Dass ich meine Schwächen aufspüre, aber nicht, um mich dafür zu verurteilen, mich selbst fertig zu machen, sondern um sie mir einzugestehen und sie entweder zu belächeln oder aber daran zu arbeiten, sie anzunehmen und zu verwandeln.

Erst dann kann ich spüren, dass ich heil bin, dass ich mich „wohl befinde“.

Und dann kann ich mich fragen: Was kann ich tun, um mein Wohlbefinden zu stärken? Denn wenn ich mich „wohl befinde“ dann bin ich heil. Dann kann ich immer noch um meine Unzulänglichkeiten wissen, meine Zipperlein spüren, ich kann sie aber akzeptieren oder eben verwandeln. Nicht hadern und nachhängen.

Manchmal ist es wichtig, dass ich mir selbst Zuwendung gebe, mich wieder ins Lot bringe und dazu kann eine Handlung helfen, die mir guttut. Ich kann z. B. schön essen gehen, kann mir ein Wellness-Wochenende schenken, kann in die Oper gehen, Kunst genießen, mich in einem Chor anmelden, Yoga machen….

Das alles kann ich tun, das machen viele, aber all diese Dinge dürfen nicht in eine Konsumhaltung münden, sonst werden sie flach und unterscheiden sich nicht davon, dass ich halt immer mal wieder gut essen gehe usw. Es kommt dabei auf meine innere Haltung an. Ich muss mir ganz explizit sagen, diese Zuwendungshandlung mache ich für mich, jetzt, schenke mir das, mir ganz alleine.

Ein Beispiel: Ich möchte in die Oper gehen als eine Handlung der Zuwendung für mich. Ich mache daraus ein kleines Ritual, ziehe mich schön an, lege schönen Schmuck an, richte mich her, so wie ich es mir vorstelle.

Ich lege mir in meiner Wohnung eine Schwelle (aus einem Stöckchen, Steinen, Hölzern, was auch immer), die ich überschreite und sage mir dabei: „Ich gehe jetzt in die Oper, genieße den Abend und ich tue das nur für mich, für mein Wohlbefinden.“ Das sage ich laut, dadurch bekommt es Kraft. 

Beim Zurückkommen kann ich wieder über diese Schwelle treten und das kleine Ritual beenden. Laut danken, dass ich es getan habe, danken für die Möglichkeit, meine innere Zufriedenheit, eben mein „Heil-Sein“ zu stärken. Mir sagen, dass diese Zuwendung für mich war, weil ich mir wichtig bin. Und danke für einen wunderschönen Abend.

So kann ich heil werden, heil sein und das auch immer wieder spüren.

Rhiannon

Blick über einen See mit Bäumen am Ufer

Einstimmung auf die Lammas-Küche

Bild: Merliana

Wenn dieser Newsletter zu Lammas erscheint, befinde ich mich in der Küche. In der Küche mitten in der Ile de France, um die Teilnehmerinnen der Höhlenreise kulinarisch zu begleiten. Inzwischen bin ich mittendrin mich einzustimmen, mit dem Thema der Reise sowie mit den Höhlen, die dieses Jahr besucht werden. So liegt es für mich nahe, mich nun ebenso einzustimmen und dich in meine spirituelle Küche, die Höhlenküche mitzunehmen. (Nein, ich koche nicht in einer Höhle. Das ist mein persönlicher Ausdruck für diese Zeit und ja, auch für die besondere Art des Kochens an diesem Ort.) Bei der Einstimmung auf diese Zeit des Kochens erstelle ich einen Speiseplan, denn das strukturiert meine Einkäufe vor der Reise. Bin ich angekommen, lasse ich den Speiseplan los. Jeden Tag stimme ich mich erneut ein, lausche der Gruppenseele, der Höhlenessenz und ja, auch meiner Seele und so tauchen Bilder auf, ich lausche auf Botschaften, spüre Empfindungen nach und , langsam, langsam entsteht ein Gericht, ein Menü, in welches all das hineingeschnitten, gerührt, gekocht und schließlich präsentiert und aufgetischt wird. Warum schreibe ich das? Ich beschreibe / erzähle dir nun meine Art, mich auf ein Thema, hier beispielhaft Lammas, einzustimmen, und lade dich ein, beim Lesen meiner Worte dir selbst in der Lammas-Zeit deinen Empfindungen, deinen Bildern, etc. zu lauschen und zu schauen, welche Impulse und Botschaften dir kommen.

Es ist Hochsommer und wir genießen das unbeschwerte Sein im Außen, die Fülle und vielfältige Schönheit, die Mutter Erde vor uns ausbreitet. Und doch gesellt sich hier und da zu der Freude eine leise Traurigkeit, eine Ahnung des Abschieds. Um diesem leisen Abschiedsschmerz zu begegnen, mich für ihn zu öffnen, zieht es mich zum Wasser, zum See: mich aufs Wasser legen, mich vom Wasser tragen lassen und so gleichsam mit oben und unten verbunden fühlen – gehalten und getragen, lösen, loslassen und mich anvertrauen, den klaren und auch dunklen Wassern.

Vollziehen wir unsere Bewegungen in Harmonie, im Einklang mit dem Wasser, können wir wahrnehmen, wie das Wasser uns trägt, wie sich Erstarrtes, Verhärtetes in uns sanft zu lösen beginnt, wie wir weicher werden, uns beginnen zu öffnen für das, was ist. Manchmal beginnen Tränen zu fließen, die dieses sich heilsame Öffnen und Lösen unterstützen. Wir spüren, welche große heilsame Kraft in der Sanftheit liegt. Im Gegensatz zum Schwimmbad sehen wir in Seen  nicht immer auf den Grund und auch nicht, was sich im dunklen, geheimnisvollen Wasser verbirgt. So schenkt der See die Kraft, sich für das zu öffnen, was im Dunklen, Verborgenen liegt, die Kraft, dem Unbehaglichen zu begegnen.

Morgens ist es still am See, die Wasseroberfläche gleicht einem Spiegel. Ich gleite hinein ins Wasser, schwimme in die Mitte des Sees, drehe mich auf den Rücken und lasse mich tragen (sinkst du eher schnell ab, dann nimm ein oder zwei Schwimmnudeln mit, lege sie unter deine Knie und unter deinen Nacken). Die Augen geschlossen, die Sonne strahlt auf mein Gesicht, meinen Körper und unter mir ist irgendwo der Grund. Ich ruhe auf dem Wasser, mein Atem wird ruhiger, ich lausche. Es ist ein wohltuendes Gefühl, mich vom Wasser tragen zu lassen, es fühlt sich ein wenig an wie Schweben und die wärmende Sonne zu spüren. Ich spüre eine Traurigkeit und Schwere in meinem Herzen, die ich nicht näher benennen oder fassen kann. So gelingt es mir nicht,  mich gänzlich dem Wasser anzuvertrauen. Mein Kopf möchte die Schwere loswerden, doch mein Herz vermag es nicht. Unter mir entstehen langsame Wellenbewegungen, die mich sanft in eine schaukelnde Bewegung bringen. Ich lausche, es gilt die Traurigkeit anzunehmen, mich für sie zu öffnen – ein erster Schritt für die Heilung?! Ich öffne die Augen, schwimme zurück und lege mich ins Gras. Ich gleite hinüber….

Ein wogendes Kornfeld, roter Mohn und blaue Kornblumen wiegen sich mit den goldenen Ähren. Ceres erscheint als Kornmutter, ihre Haare sind lichtfunken-sprühende Ähren und sie verschmilzt mit dem sich wogenden Feld. Im Wind klingt die Ahnung, dass im Schnitt des Korns der Abschied meiner Tochter sich ankündigt. Es ist ein erstes Abschiednehmen. Ich frage mich: „Beinhaltet mütterliche Liebe und Fürsorge auch, die Töchter oder die töchterlichen Herzensprojekte loszulassen, ihnen zu vertrauen, sie ihre Wege, und wenn auch ganz andere, gehen zu lassen? Ja, so ist es, bestätigt Ceres im Wogen des Korns. Ich bedanke mich bei Ceres, und lasse ihre Impulse und Botschaften in mir nachklingen. Ich verabschiede mich nun vom See.

Die Traurigkeit möchte im Gericht, in der Speise auf jeden Fall einen Platz erhalten.ch verbinde kein Gemüse, keine Pflanze, kein Gewürz per se mit Traurigkeit. Somit / daher ist für mich das Herangehen anders… Ich nehme die Traurigkeit mit in die Küche und sie darf mitkochen. Ein kleiner Exkurs hierzu: Gefühle schwingen beim Kochen mit. Sei dir bewusst, dass diese deine Gefühle in der Speise enthalten sind und beim Essen wahrgenommen und quasi / gleichsam mit einverleibt werden! Deswegen rate ich zu einem sensiblen und achtsamen Umgang mit den Gefühlen beim Kochen: Lieber mal eine Pause einlegen, damit sich die Wogen glätten können.  

Im Nachschwingen ist eine rosmaringewürzte Focaccia mit Tomate & Aubergine zu mir gekommen und ich nehme dich jetzt mit in die Küche.

Brotbacken ist für mich dankende Verbindung zur Kornmutter aufnehmen. Olivenöl lässt den Focaccia-Teig geschmeidig und sanft sein und gleichzeitig möchte er kraftvoll geknetet werden, sodass in den „schweren“ Teig luftige Leichtigkeit hineinkommt, die sich mit dem Feuer im Backprozess manifestiert. Im Kneten wandelt sich bei mir die Traurigkeit zur Dankbarkeit. Ich liebe das Kneten eines Teiges, ich erfahre immer wieder darin Wandelprozesse. Rosmarin trägt für mich die Kraft des frischen Morgens, des zuversichtlichen Neubeginns. Die Tomatenhälften symbolisieren den feuerroten Mohn in den Kornfeldern und gleich dem Mohn die Süße des leidenschaftlichen schöpferischen Feuers. Auberginen gehören zu mir wie Zitronen – lila und gelb . Auberginen lehren mich, dass ich im Rückzug zu den Tiefen meines Sein vieles wandeln, heilen kann. Im Feuer des Ofens entstehen Wellen, Erhebungen und Tiefen, mal ist die Focaccia luftiger, mal an den Stellen der Auberginen fester … – alles hat seinen Raum und darf sein und verbindet sich wiederum im Rund der Focaccia.

Wandle du nun das Rezept zu deinem!

Bäume im Frühling

Es grünt so grün…

Der Mai ist grün und das Maiengrün ist das strahlendste Gewand der Bäume. Ist das Herz schwer und mag das Herz sich nicht öffnen, dann verändert sich dies bei einem Spaziergang durch den Maienwald. Das leuchtende Grün ist sanft und lockt doch mit klarer Stimme, das Herz zu öffnen. „Juchu Leben, hier bin ich“ singt es um uns voller Lust und Freude und wir sind eingeladen in diesen Gesang mit einzustimmen. Und dieses Einstimmen in den Gesang ist gleichsam ein Dankeslied für die Schönheit Mutter Erdes.

Den ersten zarten Tönen dieses grünen Gesangs der Mutter Erde habe ich in den vergangenen drei Wochen in Schottland gelauscht – und diese Erfahrung möchte ich mit euch teilen:  

Weiche, weite Moosteppiche lassen meine Wander-Schritte zögerlich werden. Darf ich diesen wunderschönen Teppich mit meinen groben Schuhen betreten? Auch wenn der Wanderweg sich in einen Moosweg wandelt? Ich halte inne, nehme Verbindung auf und lege mich aufs Moos. So weich bin ich gebettet und mein Körper füllt sich mit Wärme, Erdwärme. Ein zartes weiches Pulsieren durchströmt meinen Körper und ich lausche Mutter Erde, ihrem tiefen Erdenton. Vielen Tieren schenkt sie mit ihrer grünen Liebe ein wohliges Bett, geborgenes Sein auf und unter dem Moos – so auch mir. Über mir erblicke ich das zartgrüne Gewand der jungen Birken, die sich mit der Windin anmutig wiegen, ihren Frühlingstanz beginnen und mit diesem ihrem Tanz mich einladen nach dem Winter mich zu bewegen, meinen Rhythmus zu finden, meinen wiedererwachenden Lebensimpuls zu tanzen.

Die junge Kraft in mir, die kindliche Freude am Entdecken all der grünen Seinsweisen ist geweckt. Meine Sinne sind weit und ich bin nicht allein: Viele grüne Wesen sind um mich und ich lasse mich nun von ihnen führen auf dem Weg ins Grüne Reich. Lärchen, Buchen – hochgewachsen –, Weiden, Weißdorn und weitere mehr beginnen mit ihren hellen Blättern lichtdurchflutete Räume unterschiedlichster Art zu bilden. Schutzraum, Traumraum, Klangraum, …raum. In manchen Räumen geht es tief hinab und ich fühle mich schläfrig, in anderen fühle ich mich in die Luft getragen und voll lichter Klarheit. Ich betrete einen Raum der Baum-Alten: Flechten, Verästelungen, sprossende Blätter, eine Symphonie in Grün lässt mein Herz anschwellen voll Freude und Glück.

Maigrün am Buchenzweig

Ein Klangzauber, den mein Geist nicht fassen kann. Ich gebe mich hin, atme, atme ein und aus, atme ein und aus und lasse mich erfüllen vom Grün der Mutter Erde, dem Geschenk der Liebe. So vielfältig das Grün, so vielfältig ihre Seinsweisen, so vielfältig die Liebe im Vielgesang des Lebens. Dankbarkeit erfüllt mich, Dankbarkeit, eine Tochter der Erde zu sein, Dankbarkeit, Liebe zu empfangen und Liebe zu schenken, Dankbarkeit, ein Klang der grünen Symphonie, dem Vielgesang der Erde zu sein. Doch weiter geht mein Weg und führt mich raus aus den Waldräumen in den Wiesenraum und dort gesellt sich zum Grün das Gelb. Gelbe Ginsterblüten leuchten gleich der Frühlingssonne warm und hell. Die Blüten verströmen einen süßen und leicht herben Duft. Der Duft entzündet das Feuer in mir, das Feuer meiner Wildheit, meiner Sinnlichkeit und Lebenslust. Die Sonnenkraft verbindet sich mit dem Herzensgrün und gemeinsam erwecken sie den Impuls in mir, den Tanz meiner Schöpferinnenkraft, der wilden Frau in mir, zu tanzen. Ich singe und tanze, tanze mein Lebenslied, wild und frei. Reich beschenkt bin ich, aufgefüllt mit purer Lebenskraft. So verabschiede ich mich in tiefer Dankbarkeit von den grünen Wesen und ihrem Geleit durch ihr Reich.

Ein Teil meiner Dankbarkeit findet Ausdruck im Backen grüner Scones. Scones gehören zu Schottland und oft habe ich diese nachmittags zum Tee genossen. Scones sind mir auf meiner Reise in unterschiedlichen Geschmacksrichtungen begegnet: Klassisch natürlich eher süß, doch es gibt auch leckere rezente Varianten mit Käse. So möge mein Vorschlag eure Inspiration zu neuen Scones-Kreationen wecken.

Merliana